Tag 1 Ankunft Delhi

Unser Flug verlief planmäßig. Nach 8 Stunden Flugzeit landeten wir, meine Frau Andrea und ich, auf einem anderen Kontinent, in Indien in der Stadt Delhi.

 

Was die Inder nur mit Ihrem Visum haben, abgesehen von den nicht unerheblichen Kosten? Gefühlte 100x sollten wir dieses Dokument vorzeigen.Selbst nach Visumsstempel im Reisepass kontrollierten 5 m weiter nochmals zwei Beamte diesen Stempel auf Richtigkeit und schickten den ein oder anderen zurück zum Visumschalter.

 

Nachdem wir alle Hürden und Wartezeiten hinter uns gebracht hatten, verließen wir mit unserem Gepäck den Sicherheitsbereich des Airports „Indira Ghandi“

 

Ein Betreuer der indischen Reisegesellschaft Sita erwartete uns schon mit seinem Schild.

 

Das war auch gut so, denn jetzt hatten wir einen Ansprechpartner für das erste, was man hier macht: Euros in indische Rupien tauschen und was noch viel wichtiger zur Kommunikation ist: Das Verkaufsgespräch für eine indische SIM-Karte am Vodafon-Shop führen, was nicht so einfach war. Doch, so dachten wir zunächst, war man auch von zu Hause aus gut und günstig über WhatsUp oder Facebook erreichbar.

 

Das spätere Freischalten über Anruf einer Hotline, unser Ansprechpartner war zu dem Zeitpunkt natürlich nicht mehr da, erwies sich als kleines Abenteuer. Kann ich doch kein Hindi und mein schlechtes Englisch und das genauso schlechte Englisch des Operators ergänzten sich wunderbar.

 

Raus aus dem Flughafen: Hier ist Sommer. 30 Grad lassen uns den Winter zu Hause schnell vergessen.

 

Wir gingen zum Parkplatz und lernten Abhishek Singh Bais, unseren Begleiter bzw. Fahrer der nächsten 10 Tage kennen. „Singh“ bedeutet König, und dass man im indischen Kastensystem weiter oben steht, erklärte er uns. Wir „großen“ Europäer stehen dort wohl auch weiter oben.

 

Kaste

 

vorrangig aus Indien bekanntes und religiös begründetes und legitimiertes soziales Phänomen der hierarchischen Anordnung und Abgrenzung von gesellschaftlichen Gruppen. Die Herausbildung des indischen Kastensystems fand nach gängiger Einschätzung im 2. Jahrtausend v. Chr. statt.

 

Die Einteilung nach Sozialstrukturen betrifft vor allem Heirat und Arbeitsteilung. Eheschließungen werden zum großen Teil innerhalb der Kaste organisiert.

 

Auch wenn es im modernen Indien starke Tendenzen zur Liebesheirat gibt und selbst arrangierte Ehen Kastenschranken überwinden, so haben doch die traditionellen Regeln ihre Bedeutung keineswegs verloren.

 

Die Zuordnung einer Person zu einer Kaste sagt wenig über ihren Wohlstand aus.

 

In der Anfangsphase wurden zwei Gruppen (Varnas, Sanskrit „Farbe“) nach hellerer und dunklerer Hautfarbe unterschieden. In späteren Texten wird die hellere Gruppe in die drei Schichten Brahma (Priester), Kshatra (Krieger) und Vis (gemeines Volk) eingeteilt.

 

Darunter stehen die „Unberührbaren“, auch als Paria oder Harijans bekannt.

 

Die Kastenzugehörigkeit des Individuums wird durch die Geburt bestimmt, wobei Ein- oder Austritt nicht möglich sind.

 

In Indien sind heute alle durch das Kastenwesen bedingten Benachteiligungen gesetzlich verboten. Trotzdem ist das Kastenwesen aus dem praktischen Leben nicht völlig verschwunden, besonders, da es noch heute wichtige soziale Aufgaben erfüllt.

 

frei aus WIKIPEDIA

 

 

 

 

Delhi ist nach Bombay die zweitgrößte Stadt Indiens. Und das ist richtig groß!

 

Eine Stunde Fahrtzeit benötigten wir mit vielen neuen Eindrücken vom Wegesrand zu unserem Hotel.

 

Vom Hupen der indischen Autofahrer hat man ja schon viel gehört, doch dazu später.

 

In unserem Suzuki stehen bzw. hängen zwei Plastikfiguren eines Monkey Gottes (Affengott), der fliegen kann. Der Affengott Hanuman ist der Sohn des Windes. Der mächtige Affe half im Krieg gegen das Böse.  Solche Figuren der verschiedensten Götter begegnen uns auch immer und überall auf unserer Reise.

 

 

Im Hotel „Maidens“ wurden wir mit einem traditionellen Lassi (indisches Joghurtgetränk) begrüßt. Kann man den trinken? Milchprodukte sollte man doch meiden um möglichst keine Magenprobleme zu bekommen. Genauso wie Trinkwasser aus unverschlossenen Gefäßen!

 

Doch bevor wir zum Trinken ansetzen konnten, bugsierte man uns zu unserem Zimmer.

 

Nächstes Problem: Trinkgeld!

 

In Indien ist es üblich jedem, für jeden kleinen Gefallen ein kleines Trinkgeld (Tip) zu geben.  

 

Hotelangestellte erwarten ein Trinkgeld für das Transportieren des Gepäcks und andere kleine Dienste. Der Lohn in indischen Hotels und Restaurants ist sehr gering (mit Ausnahme der teuren Hotels) und das Trinkgeld ist nötig, um das Gehalt aufzubessern. In billigen Restaurants ist Trinkgeld ein unbekanntes Phänomen. Taxi- und Motorrikscha- Fahrer erwarten kein Trinkgeld. Das gleiche gilt auch für die Fahrrad- Rikscha- Fahrer. Die armen Fahrer freuen sich jedoch sehr über ein paar extra Rupien.

 

Wir hatten aber vom Devisentausch nur große Scheine, obwohl wir kleine verlangt hatten. Dann müssen wir das mit dem Tip später nachholen. Kleine Scheine für Tipps zu bekommen, stellte sich während der ganzen Reise als Herausforderung dar.

 

Auf nach Delhi! Wir wollen etwas Stadt und Menschen sehen.

 

Die bunte Kleidung der Inder fällt auf. Indien steht ja auch im Ruf ein buntes Land zu sein. Menschen mit oder ohne Turban, weiß oder bunt, Sikhs, Moslems, Christen und vor allem Hindus. Hier können die Religionen gut miteinander und untereinander auskommen. Das gefällt uns.

 

Jeder wird von jedem akzeptiert und respektiert, haben wir zumindest den Eindruck.

 

Unser erstes „Sightseeing“-Ziel war das Humayun-Mausoleum, das uns zur Nachmittagszeit empfohlen wurde, da es dann in einem schönen Licht erstrahlen soll. Ein wirkliche Empfehlung. Uns hat es hier sehr gut gefallen.

Zurück zum Hotel in der Rushhour macht‘s Spaß, da man nicht selber fahren muss. Auch Fahrad fahrende Inder auf der Gegenspur und häufig quer über die Straße laufende Personen sind allgegenwärtig. Eine Frau, die in der normalerweise dreispurigen, jetzt aber fünfspurigen Straße im Verkehrsfluss mitgeht, scheint normal zu sein und niemanden zu stören. Oder doch? Ich weiß es nicht, denn gehupt wird immer, mit oder ohne Grund.

 

Mittendrin im Verkehr! Stop and go. Traut sich da wirklich jemand rückwärts 200 m zurück zu fahren um die letzte verpasste Ausfahrt zu nehmen? Egal, jeder achtet hier auf jeden. Oh, wieder eine Fahrradrikscha im Gegenverkehr. Ist wohl der kürzere Weg!

 

Und mittendrin, am Wegesrand, an den Sehenswürdigkeiten, eigentlich überall: TucTucs. Kleine dreirädige Vehikel zur Personenbeförderung mit Zweitaktmotor und dem allgegenwärtigen Geräusch „Tuc, tuc, tuc,tuc…“

 

Eine Ampel! Wir stehen und von allen Seiten klopfen Bettler, d.h. meist alte Frauen, Mütter mit Babys und kleiner Kinder an die Scheiben um ein paar Rupien zu erhaschen, oder aber Verkäufer, die Billigst-Artikel an den Mann bringen wollen.

 

Man stelle sich in Deutschland eine stark befahrene Bundesstraße vor. Dort sitzen Menschen auf den Bordsteinen oder zwischen sich zwei kreuzenden Straßen und leben und schlafen dort zum Teil auch.

 

Upps, an der stark befahrenen Straße hängt weiße Wäsche. Oh, das sind Hotelhandtücher. Na ja, so lange sie nicht von unserem Hotel sind…

K.O., wieder im Hotel, haben wir uns unser Essen auch auf’s Zimmer kommen lassen, um schnell ins Bett fallen zu können und die Augen zu schließen, kurz nachdem wir uns überlegten, was wir uns morgen nach dem geplanten Fotoworkshop hier in Old Delhi ansehen können.

 

Den Hotel-Pool möchte ich morgen früh auf alle Fälle testen!

 

 

 

Indien Tag 2 – Old Delhi

Mit dem Pool klappt nicht, das zieht sich leider durch unsere ganze Reise. Entweder sind wir nach Ankunft im Hotel gleich wieder unterwegs, oder abends zu spät zu Hause. Ab 18:30 Uhr ist es hier dunkel, wie zu Hause ja auch.

 

Um 9 Uhr haben wir einen Fotoworkshop mit einem localen Fotografen als Guide.

 

Old Delhi erschlägt uns von Menschen, Gerüchen, Hupereien etc.

 

Häuser zerfallen unter den Augen ihrer Bewohner. Meist arbeiten die Menschen im unteren Erdgeschoss, während die oberen Stockwerke verfallen. Und doch leben auch dort Menschen!

 

Treppe hoch aufs Dach eines Hauses. Die Luft steht. Meine Nase kribbelt und ich muss mehrfach nießen vor Dreck und dem immer stärker werdenden Gewürzgeruchs.

 

Auch den Begriff „lostPlaces“, der in Deutschland gerne für Fotografie in verlassenen Gebäuden genutzt wird, sollte man hier neu überdenken.

 

Auch etwas, was mich irritiert: Hunde schlafen tagsüber meistens mitten im Weg mit einer phänomänalen Ruhe und wenn sie herumstreunen, betteln sie nicht, sondern nehmen, was eh rumliegt bzw. was sie von Menschen bekommen. In Germany unvorstellbar. Ich dachte immer das bettelnde liegt in der Natur der Hunde, aber es scheint doch eher eine Erziehungssache zu sein bzw. wie die Tiere es gewohnt sind, da sie so aufwachsen sind.

 

Ich kann mir jetzt ein wenig vorstellen, wie sich ein Flüchtling fühlt, wenn er aus einer ganz anderen Kultur zu uns nach Deutschland kommt. Vieles kann man nicht begreifen, weil man es so nicht kennt oder anders kennt. Man setzt seine erlernten Verhaltensweisen als „Richtig“ voraus und stellt anderes in Frage. Und so ist es wohl auch umgekehrt…

Und hier gibt’s Kühe. Eingesetzt als Zugtiere oder freilaufend. Tagsüber fressen sie sich irgendwo durch und abends kehren sie zu ihrem Besitzer zum melken zurück.

 

Die in Indien heiligen Kühe sehen wir überall. Herumstehend, liegend, schlafend. Egal wo: auf der Straße, in den Gassen, auf dem Bürgersteig.

Dreck in den Städten, Plastikmüll. Unvorstellbare Mengen liegen überall herum und sind allgegenwärtig. Einer kehrt es dem anderem vor die Tür und wieder zurück, wenn überhaupt gekehrt wird. Da besteht ein großer Bedarf der Müllentsorgung, da Kunststoffe ja auch eher unverrottbar sind. Manche Tiere fressen auch den Müll und bekommen andere Probleme.

 

Wir wandern durch die verwinkelten Gassen und sehen unglaublich viele Geschäfte, die alles verkaufen, was man sich vorstellen kann, oder auch nicht. Verfallene Orte und unglaublich herausgeputze Läden, die vor Prunk und Schnörkel nur so strahlen! Stolze Inhaber winkten mich manchmal sogar herbei, damit ich Bilder ihres Geschäftes machte. 

Die Unterschiede sind stellenweise schon krass.

 

Wir sehen viele Straßenläden und jetzt fing es an, was uns die ganze Reise begleitete: „Would you see my shop? Come in! Only looking, not buy!“; Ich kann’s bald nicht mehr hören. Keine Minute um sich mal in Ruhe die Warenauslagen anzuschauen. Wir dachten in Old Delhi wäre es schlimm, doch wir kommen ja auch noch nach Jaipur…

Die Menschen hier in der Stadt lassen sich (meistens) sehr gerne fotografieren. Das macht auch mir Spaß.

 

Wenn wir uns nochmal beschweren sollten, dass bei uns in Deutschland viel Verkehr wäre:

Weiter geht’s an der größten Moschee Indiens (Jama Masjid) vorbei über den Chandni Chowk Markt. Chandni Chowk war früher das Handelszentrum von Old Delhi. Das Alte Delhi war eine mit Mauern befestigte Stadt, als der Herrscher des Mughal-Reiches Shah Jehan die Hauptstadt von Agra nach Delhi verlegte.

 

Die überirdische Stromversorgung (öfter gibt’s hier Stromausfälle) ist unglaublich. Mich wundert‘s, dass hier niemand (inkl. der herumstreunenden Affen) einen Stromschlag abbekommt! Sogar Wäsche wird über die z.Tl. tiefhängenden Kabeln getrocknet.

 

Wir entscheiden uns nach dem Workshop noch länger hier zu verweilen, was später zu einem kleinen Problem wurde. Unser Fahrer hatte sich beim notieren seiner Handynummer verschrieben und wir konnten keinen Kontakt zu ihm aufnehmen. VERLOREN in Indien!

 

Auf der Suche nach „gesunder“ Nahrungsaufnahme und in der Hoffnung einen deutschsprechenden Europäer zu finden, um vielleicht telefonieren zu können, landeten wir im McDonalds. Auch um vielleicht europäisches Essen und eine Toilette vorzufinden. Weit gefehlt. Zwei mal negativ! Doch eine andere Welt in Indien.

 

Ein freundlicher Inder stellte uns sein Handy zur Verfügung, doch auch damit war die Nummer des Fahrers nicht erreichbar. Dieser meinte jetzt, dass die Telefonnummer wohl falsch ist.

 

Der örtliche Betreuer der Reisegesellschaft attete mich auf Facebook. Unsere Rettung. Ich konnte ihm so über den Messenger schreiben und ihm unsere Lage erklären, so dass er für uns einen Treffpunkt mit unserem Fahrer ausmachen konnte.

 

Etwas erleichtert kehrten wir so zur  Freitagsmoschee Jami Masjid zurück.
Dies ist die größte und auch vielleicht schönste Moschee von Indien. Sie stammt aus dem 17.Jahrhundert. Die beiden 40 Meter hohen Minarettenbieten eine tolle Aussicht auf Old Dehli. Soweit der Reiseführer. Doch aus verschiedensten Gründen konnten wir das nicht ausprobieren.

Ich muss sagen, hier begegneten uns ausnahmsweise unfreundliche Menschen, die sofort 300 Rupien Fotogebühr wollten, Andrea einen Umhang aufzwingen, obwohl sie selbst einen dabei hatte und….(Ich möchte nicht zu weit abschweifen)

 

Auch hier: Bettelnde Frauen und Kinder – „Take a picture, please“, man soll ja rigoros sein und Kindern kein Geld geben, da diese zum Betteln gerne vorgeschickt werden, statt eine Schule zu besuchen.

Auch ein stalkender Fahrrad-Rikschafahrer blieb uns leider unangenehm in Erinnerung. Unglaublich, dass man einen Menschen unter so vielen nicht „abhängen“ kann. Er schien überall dort zu sein, wo wir auch waren und ging uns gehörig auf den Keks.

 

Fotografisch ist Indien bzw. hier Old Delhi eine Herausforderung! Objektive wechseln in der Staub-/Smokwolke war sehr ungünstig, also konnte ich das seltener tun, wie ich dachte. Dreck auf dem Sensor war vorprogrammiert.

Schlimmer war aber mein Akkuverbrauch der spiegellosen Kamera. 4 Akkus in 10 Stunden. Unglaublich. Da muss ich für die Zukunft etwas umdenken und mir noch Ersatzakkus besorgen.

 

Dann unsere erste Fahrt auf einer Fahrrad-Rikscha (NICHT unser Stalker!), um uns ins rote Fort zu bringen. Ein Ort mit mehr Ruhe! Dachten wir. Jede Menge Inder kamen wieder auf uns zu und wollten Selfies mit uns. Wir sind Exoten und begehrte Fotoobjekte. Es fängt aber auch langsam an zu nerven.

 

Erbaut wurde das rote Fort zwischen 1638 und 1648 von Shah Jahan. Die zwischen 18 und 33 m hohen Mauern sieht man schon von weitem und stehen schwer mit dem rotem Sandstein in der Stadt. Es ist das größte zusammenhängende Gebäude Delhis. 2007 wurde es zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt.

 

Um dort hineinzukommen, müssen wir zunächst durch Sicherheitskontrollen. Geräte, die fast zusammenfallen, aber es ist eh kein Aufpasser da.

 

Einheimische wollen Selfies mit uns, lol. Männer schleppen ihre Frauen mit uns zusammen aufs Bild. Diese sahen dabei nicht immer ganz so glücklich aus. Auch kleine Kinder und Babys hatten eher ein wenig Angst vor uns fremdartigen exotischen Wesen.

 


Nach unserem Sightseeing treffen wir am Abend unseren Fahrer am Parkplatz des roten Fort und jetzt geht’s zurück zum Hotel.

 

Unser Fahrer berichtet uns, dass es ca.250 km nach Nawalgar wären, aber dafür 6 Stunden in einer abenteuerliche Fahrt benötigen werden.

 

Wir sind gespannt. Um 8 Uhr geht‘s los.

 

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